Große Sportereignisse sind oft mit besonderen Stimmen oder Kommentatoren verbunden und bleiben lange in Erinnerung. Allen Livestream-Zusehern des Skaterhockey-Europacups der U19 im Schweizerischen Rossemaison könnte eines noch lange im Kopf bleiben. Das enthusiastische „Ohlalalalalala“ des französischsprachigen Kommentators, mit dem die sensationelle Silbermedaille des IHC Atting am Sonntagnachmittag eingeleitet wurde.
Es war kurz nach 13.30 Uhr, die Attinger hatten in einem hoch dramatischen, spielerisch starken und hart umkämpften Halbfinale gegen die Crash Eagles Kaarst (die diesen Titel zuvor viermal in Folge gewonnen hatten) gerade binnen 20 Sekunden aus einem 3:4 ein 5:4 gemacht. Die Art und Weise verzückte den Reporter des „MustangTV“ – und zwar mehrfach. Zunächst hatte IHC-Goalie Valentin Lehner mit einem großartigen Save das 3:5 verhindert, beim anschließenden Konter setzte sich Maximilian Sauermilch mit einer 360-Grad-Drehung gegen zwei Kaarster durch, scheiterte zwar am Goalie, doch Cousin Leon Sauermilch vollstreckte eiskalt zum 4:4. Nun ging es los. Mit einem „Ohlala“ beim Gooooooaaaal (diesmal auf Englisch) von „Atiiiiiing“.
Vom Bully weg machten die Attinger Druck, zu viel für Goalie Yves Schollmeyer, der zu spät reagierte, so dass der Ball nach seinem missglückten Pass durch Attinger Forecheck in der Ecke bei Johannes Ernst landete. Der passte mustergültig zu Lukas Alzinger, der den Ball in den Winkel hob. Bei der Zeitlupenwiederholung explodierte der Kommentator mit einem „ohlalalalalala“. Damit nicht genug: Sauermilchs 6:4 war dann noch einmal ein „Lalalalalala“ wert, bevor die Mannschaft dann mit den zahlreichen Attinger Fans die Laola-Welle anstimmte.
Erstmals in der Clubgeschichte war das Finale bei einem internationalen Turnier geschafft, schon jetzt eine Genugtuung nach dem Halbfinalaus in Overtime beim Europacup 2024 und dem bitteren Platz fünf bei der deutschen Meisterschaft zuhause im Dezember – gegen jene Gegner, die nun besiegt wurden. Von einer „Gratwanderung gegen Kaarst“ sprach Coach Markus Alzinger, der in der Gluthitze bei 33 Grad im schmucken „Forum Biwi“ mit dem perfekt zu spielenden Parkettboden ebenso viel schwitzen musste wie seine Spieler (Goalie Lehner riss sich nach der Partie Maske, Handschuhe, Trikot und Brustschutz vom Körper, um Kühle zu bekommen) – vor allem weil das Spiel viel Nerven gekostet hatte. „Man muss sich mal vorstellen, wie ich mich gefühlt habe.“
Mit dem ganz großen Erfolg klappte es aber nicht. Lokalmatador SHC Rossemaison war zu stark, führte im Finale schnell mit 5:0 (was natürlich den Kommentator ebenfalls verzückte), bevor die Wölfe durch drei Tore binnen nicht einmal zwei Minuten auf 3:5 verkürzten, bevor dann aber eine Fünf-Minuten-Strafe die Aufholjagd zunichte machte. 3:8 hieß es am Ende. „Man muss auch mal die Kirche im Dorf lassen. Rossemaison ist eine überragende Mannschaft“, sagte Trainer Alzinger. „Bei denen kann jeder alles. Aber es zeigt, wie viel Rückgrat wir haben, wenn wir im Finale mal schnell aus einem 0:5 ein 3:5 machen.“
Die Silbermedaille ist dennoch der größte internationale Erfolg der 27-jährigen Vereinsgeschichte und löst Platz drei beim Europacup der Landesmeister in der Altersklasse U16 vor zwei Jahren an selber Stelle ab, gewonnen ebenfalls mit dem Kern der aktuellen Mannschaft und unter Trainer Alzinger. National steht der deutsche Meistertitel der U13 (ebenfalls mit einigen aktuellen Spielern) im Jahr 2018 an erster Stelle, gefolgt von den beiden deutschen Pokalsiegen der U16 2022 und der U19 2024. „Einige Spieler trainiere ich schon seit 2011“, blickt Alzinger auf teils 14 gemeinsame Jahre zurück. „Ich bin einfach stolz auf das Team und freue mich, dass die Mannschaft mir das so dankt.“
Die Wölfe waren mit drei Siegen und einem Unentschieden ungeschlagen durch die Gruppenphase gekommen und hatten so die Qualifikation fürs Halbfinale vorzeitig sicher und Kräfte gespart: Einem 3:3 gegen den deutschen Meister Krefeld (Ausgleich der Skating Bears 29 Sekunden vor dem Ende) folgten klare Siege gegen die Schweizer Vertreter SHC Dzos Volants (5:2) und den englischen Club Medway Assassins (1:4) und dann zum Ende der Gruppenphase ein knappes 2:1 gegen den bayerischen Rivalen Deggendorf – das Siegtor von Lukas Alzinger fiel dabei erst in der Schlussminute.
„Viele Spiele waren ein harter Kampf“, sagte Alzinger. „Gerade das Deggendorf-Spiel hat uns viele Nerven gekostet, das Kaarst-Spiel sowieso. Aber wir haben es gemeinsam geschafft, alles aus uns herauszuholen.“ Wichtig sei auch das ganze Drumherum: „Die Eltern, die uns begleiten, oder mit den Autos noch nachfahren. All das zusammen hat uns erst so weit gebracht. So eine Silbermedaille muss einfach gefeiert werden!“ Wurde sie bei der rund achtstündigen Heimfahrt dann auch im Bus – lautstark.“ Um 5.15 Uhr morgens war Atting wieder erreicht.
Das Europacup-Wochenende war also noch etwas mehr als die Silbermedaille: Die Wölfe nahmen erfolgreich Revanche für den bitteren Platz fünf im Dezember bei der deutschen Meisterschaft in eigener Halle, verabschiedeten erfolgreiche Akteure mit einem großen Erfolg aus dem Nachwuchs und holten sich Anerkennung von der nationalen und internationalen Skaterhockey-Szene. „Wir haben Vereinsgeschichte geschrieben“, fasste Alzinger zusammen. „Punkt!“ Oder wie es der Schweizer Kommentator ausdrücken würde: „Ohlalalalalala.“